Erste Stolpersteine für Lüdenscheid

Pressespiegel

Stolpersteinverlegung in Lüdenscheid
Stolpern - wer stolpert schon gerne?
Definition Stolpern: beim Gehen, Laufen mit dem Fuß an eine Unebenheit, ein Hindernis stoßen, dadurch den festen Halt verlieren und zu fallen drohen. Ab Mitte September gibt es eine weitere Gelegenheit sich stolpernd durch die Stadt zu bewegen. Diese Ankündigung wird erstmal verwundern, ist stolpern doch üblicherweise mit negativen Bedeutungen besetzt. In der modernen Welt ist man erfolgsorientiert, zielgerichtet, bewegt sich mit Tempo durch diese, jede Verlangsamung der Fahrt, des Vorwärtskommens, auf der Karriereleiter oder der Autobahn, wird üblicherweise als ärgernis und Störung betrachtet. Dies wurde nicht zu allen Zeiten so eindeutig negativ gesehen. Im Deutschen Sprichwort-Lexikon von 1867 finden sich auch positiv besetzte Beispiele:
Stolpern ist besser als fallen.
Wer zum Stolpern kommt, läuft Gefahr zu fallen.
Wer stolpert und nicht fällt, kommt desto schneller vorwärts.
Aber auch: Stolpern fördert.
Das ist sicher auch die Intention des Künstlers Gunter Demnig der seit Anfang der 90er Jahre Stolpersteine für das Gedenken der während des Nationalsozialismus zwangsweise deportierten und umgebrachten Menschen in ganz Europa verlegt. Auf kleinen Metallplatten sind die Namen, Lebensdaten und mutmaßlichen Orte ihres Todes eingebracht. Diese Stolpersteine wurden an den letzten freiwillig gewählten Lebensorten vor den Wohnhäusern in das Pflaster eingelassen und sollen so "stolpernd" an sie erinnern. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", zitiert Gunter Demnig den Talmud. Inzwischen liegen Stolpersteine in 1265 Kommunen Deutschlands und in einundzwanzig Ländern Europas. "Stolpern fördert", so wieder das Sprichwortlexikon, es fördert das Andenken an die Opfer des NS Regime, es fördert das Nachdenken über die Würde des Menschen, über unsere Zeit die nicht vor Simplifizierung im Denken gefeit ist, in der Rassismus immer wieder aufkeimt und zu Menschenverachtung führt.
Stolpern wir in diesem Sinne: Halten inne im Gedenken an die Opfer, aber auch im Nachdenken über uns und unsere Zeit.

Am 15. September ab 15.30 Uhr an der Wilhelmstr. 51 werden vom Künstler Gunter Demnig drei Stolpersteine mit folgender Inschrift verlegt:

1) HIER WOHNTE ELLA NOACH, GEB. GRüNBAUM JG. 1887, UNFREIWILLIG VERZOGEN, 1935 KöLN, FLUCHT 1936 HOLLAND, INTERNIERT VUGHT, DEPORTIERT 1943, AUSCHWITZ, ERMORDET 31.1.1944.

2) HIER WOHNTE SIGISMUND NOACH, JG. 1883, UNFREIWILLIG VERZOGEN, 1935 KöLN, FLUCHT 1936 HOLLAND, INTERNIERT WESTERBORK, DEPORTIERT 1943 SOBIBOR ERMORDET 30.11.1943.

3) HIER WOHNTE RITA NOACH, JG.1923, UNFREIWILLIG VERZOGEN,1935 KöLN, FLUCHT 1936 HOLLAND, INTERNIERT VUGHT, DEPORTIERT 1943 AUSCHWITZ , BEFREIT.

Anschließend wird ein Stolperstein für eine getötete behinderte Frau am Kirchplatz 11 verlegt:

HIER WOHNTE EMILIE SCHEELEN JG. 1896, ZWANGSSTERILISIERT 1938 KRANKENHAUS HAMM, EINGEWIESEN 1943 HEILANSTALT EICKELBORN, "VERLEGT" 1943 HEILANSTALT HADAMAR, ERMORDET 9.1.1943.

An der Luisenstr. 21 wird mit drei Stolpersteinen der Familie Kowalski gedacht:

1) HIER WOHNTE WERNER KOWALSKI JG. 1901, IM WIDERSTAND / KPD, FLUCHT 1935 BELGIEN, STAATSBüRGERSCHAFT ENTZOGEN 1939, 1940 FRANKREICH VERHAFTET / FLUCHTVERSUCH, ERSCHOSSEN 1.7.1943.

2) HIER WOHNTE CHARLOTTE KOWALSKI, GEB. GRUTERICH JG. 1908, IM WIDERSTAND, FLUCHT 1936 BELGIEN, STAATSBüRGERSCHAFT ENTZOGEN 1939, 1942 HEIMGEKEHRT, MIT HILFE üBERLEBT.

3) HIER WOHNTE HELMA KOWALSKI, JG. 1929, FLUCHT 1936 BELGIEN, STAATSBüRGERSCHAFT ENTZOGEN 1939, 1942 HEIMGEKEHRT, MIT HILFE üBERLEBT.

Jeder ist herzlich eingeladen, an der öffentlichen Verlegung der Stolpersteine teilzunehmen.

Weitere Informationen zu den Lüdenscheider Stolpersteine


Ge-Denk-Zellen Altes Rathaus Lüdenscheid e.V.
Marienstraße 2 Ecke Wilhelmstraße ♦ 58511 Lüdenscheid
Öffnungszeiten ♦ mittwochs 11 - 13 Uhr und 15 - 17 Uhr
Weitere Termine nach Vereinbarung